Über Tango

Tango Argentino entstand zwischen 1880 und 1900 in den Vorstädten von Buenos Aires, einem Schmelztiegel der Kulturen im damaligen Einwandererland Argentinien. Sehnsüchte, Liebe, Leid, Belustigung - alle Gefühle spielen in den Liedern des Rio de la Plata eine große Rolle. Nach einer Hochphase des Tangos in den 30er und 40er Jahren, erlebt dieser gefühlvolle Tanz in den letzten zehn Jahren von Europa ausgehend eine Renaissance.

Der Tango Argentino ist mehr als ein Tanz. Er ist Ausdruck der Beziehung zwischen Mann und Frau, ein Dialog zwischen führender und folgender Person. Einfaches Gehen, kombiniert mit Drehungen und kleinen Variationen werden durch den Führenden geschickt und zu immer wieder neuen Kombinationen zusammengestellt.


Tango Orchester

 

Orchesterleiter des Siglo de Oro de Tango (1935-1955)

 

 

 

Die großen Vier ...

 

 

 

Juan D’Arienzo (14.12.1900 –14.01.1976)

 

·         „El Rey del Compás“ – Der König des Taktschlags – The King of beat

 

·         Violinist, Orchesterleiter; Komponist – Traditionalist

 

·         eigenes Orchester 1925, Durchbruch 1935 mit dem Pianisten Rodolfo Biagi

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Rhythmus – frisch, oft zackig, treibend

 

·         Tanzbarkeit: exzellent, ideal auch zum Aufwachen nach 01:00 Uhr

 

·         mit seinem Stil brachte er Mitte der 30er die jungen Leute zurück auf die Tanzfläche – ohne ihn hätte es vielleicht ein „Siglo de Oro de Tango“ gar nicht gegeben

 

·         "A mi modo de ver, el tango es, ante todo, ritmo, nervio, fuerza y carácter.“

 

        – Meiner Ansicht nach ist Tango vor allem Rhythmus, Verve, Kraft und Charakter.“

 

        Juan D’Arienzo

 

 

 

Carlos Di Sarli (07.01.1903 –12.01.1960)

 

·         „El Señor del Tango“ (Der Herr des Tangos)

 

·         Pianist, Orchesterleiter, Komponist – keinem „Lager“ eindeutig zuzurechnen

 

·         erstes eigenes Orchester 1919 in Bahía Blanca, 1927 eigenes Sextett in Buenos Aires

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Eleganz – fließend, romantisch, selten jedoch schmalzig; volltönend, abwechslungsreich, sehr subtil und nuanciert in den Details

 

·         Tanzbarkeit: exzellent ebenso für Anfänger wie für versierte Tänzer, selbst in der Spätphase

 

 

 

Aníbal Troilo (11.07.1914 – 18.05.1975)

 

·         Spitzname: „Pichuco“

 

·         Bandoneonist, Orchesterleiter, Komponist – Evolutionist

 

·         einer der vier großen Bandoneonisten des Tangos (neben Laurenz, Maffia, Arolas)

 

·         erste Auftritte mit elf, eigenes Orchester 1937

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Inszenierung – die Stücke sind komplett durcharrangiert; einfallsreich bis ins Detail; volltönender Klang, kombiniert exzellent Verve mit romantischen Passagen; vielfach stehen stark rhythmisches Orchesterspiel und weiche Sängerstimme nebeneinander und erzeugen so ein kontraststarkes und doch harmonisches Bild; geht unter die Haut!

 

·         Tanzbarkeit: sehr gut und vielfältig, ab Ende der 40er zunehmend kompliziert

 

 

 

Osvaldo Pugliese (02.12.1905 – 25.07.1995)

 

·         Pianist, Orchesterleiter, Komponist – Evolutionist

 

·         erste professionelle musikalische Schritte mit 15; eigenes Orchester 1939

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Drama – extrem elaboriert in Kontrapunkt, Synkopierung und Harmonien; oft mitreißender Beat, daneben Passagen ohne Taktschlag; häufig überraschend wechselnde Tempi und Lautstärken; in der Entwicklung zunehmende symphonische Breite und Wucht, teils mächtiges Pathos; der Höhepunkt der Tango-Evolution

 

·         Schluss sehr typisch: Generalpause mit folgendem einzelnen, sehr leisen Ton

 

·         Tanzbarkeit: abwechslungsreich bis anspruchsvoll bis Ende der 40er, teilweise bis Mitte der 50er, danach zunehmend kompliziert bis untanzbar

 

 


... und einige andere Größen

 

 

 

Francisco Canaro (26.11.1888 –14.12.1964)

 

·         Violinist, Orchesterleiter, Komponist – Traditionalist

 

·         Berufsmusiker seit 1908, erstes Orchester unter alleiniger Leitung 1925

 

·         Einer der „Väter“ des Tangoerfolgs, enorm rührig, reich und einflussreich

 

·         Über 1.400 Aufnahmen (Platz 2: Juan D’Arienzo mit knapp 900) – von enorm schön („Poema“) bis übertrieben zackig oder unerträglich bräsig

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Schlichtheit – simple Struktur, mitunter ungewöhnliche Instrumentierung, z. B. Bassklarinette, Strohvioline (klingt wie gedämpfte Trompete)

 

·         Tanzbarkeit: einfach, oft entspannend, gut zum Eintanzen

 

 

 

Osvaldo Fresedo (05.05.1897 – 18.11.1984)

 

·         Bandoneonist, Orchesterleiter, Komponist – Evolutionist

 

·         erste öffentliche Auftritte 1913, erstes eigenes Orchester 1918

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Gefühl – romantisch bis schmalzig, typisch die außergewöhnliche Instrumentierung mit Harfe und Vibraphon

 

·         Tanzbarkeit: abwechslungsreich, zum Träumen

 

 

 

Julio De Caro (11.12.1899 – 11.03.1980)

 

·         Violinist, Orchesterleiter, Komponist – Speerspitze der Evolutionisten; Pugliese beruft sich direkt auf ihn

 

·         erstes eigenes Sextett 1923 und mit diesem schon stilbildend

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Boheme – extrem einfallsreich, ausgefeilt, verspielt und vielfältig

 

·         Tanzbarkeit: anspruchsvoll, einiges auch sehr schwierig

 

 

 

Edgardo Donato (14.04.1897 – 15.02.1963)

 

·         Violinist, Orchesterleiter, Komponist – Traditionalist

 

·         Berufsmusiker seit 1918 (Oper, Jazz, Tango), erstes eigenes Orchester 1930

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Volksmusik – melodiös, gefällig, rhythmusbetont, sentimental; man kommt sich schon mal vor wie auf dem Jahrmarkt oder in der Pampa

 

·         Tanzbarkeit: einfach, macht oft gute Laune

 

 

 

Pedro Laurenz (10.10.1902 – 07.07.1972)

 

·         Bandoneonist, Orchesterleiter, Komponist – Evolutionist

 

·         einer der vier großen Bandoneonisten (neben Troilo, Maffia und Arolas)

 

·         Berufsmusiker seit den 20ern, erstes eigenes Orchester 1934

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Spannung – akzentuierter, lebendiger Vortrag, agiles Spiel, ab 1943 schwermütiger, bleibt aber spannend

 

·         Tanzbarkeit: abwechslungsreich bis fordernd

 

 

 

Rodolfo Biagi (14.3.1906 – 24.9.1969)

 

·         Pianist, Orchesterleiter, Komponist – Traditionalist

 

·         Debüt mit dreizehn in einem Stummfilmkino, eigenes Orchester 1938

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Thrill; sehr heller Klang; die Instrumente werden oft nur kurz „angeschlagen“, dadurch werden Noten regelrecht „verschluckt“

 

·         Tanzbarkeit: einfach, anregend, aufweckend

 

 

 

 

Enrique Rodriguez (08.03.1901 – 04.09.1971)

 

·         Bandoneonist, Orchesterleiter, Komponist – Traditionalist

 

·         erste Engagements in Stummfilm-Kinos und in Gaucho-Soap-Operas im Radio; erstes eigenes Orchester 1936: "La Orquesta De Todos Los Ritmos"

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Klarheit – rhythmusbetont, schlichter Aufbau, oft vereinzelte Instrumente, häufige Generalpausen; typischer Schluss mit „fehlendem“ letzten Ton

 

·         Tanzbarkeit: einfach, erfrischend, oft witzig

 

 

 

Miguel Caló (28.10.1907 – 24.05.1972)

 

·         Bandoneonist, Orchesterleiter, Komponist – wie Di Sarli keinem „Lager“ zuzurechnen

 

·         erstes eigenes Orchester 1929, größte Erfolge in den 40ern mit seinem Star-Orchester („Orqusta de las Estrellas“), in dem die mit besten Musiker der Zeit zusammentreffen

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Noblesse – „atmender“ Klangkörper aus einem Guss; romantisch-dramatisch, selten treibend; exzellentes Spiel

 

·         typischer Schluss mit Generalpause vor abschließenden Arpeggio des Pianos

 

·         Tanzbarkeit: exzellent, abwechslungsreich

 

 

 

Ricardo Tanturi (27.01.1905 – 24.01.1973)

 

·         Pianist, Orchesterleiter, Komponist – Traditionalist

 

·         beginnt seine Karriere 1924, erstes eigenes Orchester 1933

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Sentiment – stimmungsprägend sind hier die Sänger Alberto Castillo (1939-1943) und Enrique Campos (1943-1946); Orchesterspiel mit stetem Wechsel stark rhythmusbetonter und getragener Passagen; typischer Schluss mit Generalpause vor einzelnem Ton des Pianos

 

·         Tanzbarkeit: sehr gut, farbenfroh, mit Enrique Campos anspruchsvoller

 

 

 

Ángel D’Agostino (25.05.1900 – 16.01.1991)

 

·         Pianist, Orchesterleiter, Komponist – Traditionalist

 

·         erstes eigenes Orchester 1920 (Tango und Jazz), erstes reines Tango-Orchester 1934

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Gelassenheit – stilprägend der Sänger Ángel Vargas mit seinem natürlichen, unaufgeregt noblen Vortrag; das ganze Arrangement ist auf Vargas zu-geschnitten: schlichte Konzeption bei expressivem, aber elegantem Spiel mit entspannt „pulsierendem“ Sound; ein kongeniales Gespann von 1940 bis 1946 („Los dos Ángels“)

 

·         Tanzbarkeit: Einfach und einfach schön

 

 

 

Alfredo De Angelis (02.11.1910 – 31.03.1992)

 

·        Pianist, Orchesterleiter, Komponist – Traditionalist

 

·        erstes eigenes Orchester 1940

 

·        Haupt-Stilmerkmal: Melodram – vielfältig eingesetzte Geigen, oft mit romantisch-symphonischen Flächen und virtuosen Läufen, dabei einfacher Grundaufbau, Rhythmus stets klar erkennbar; Sänger spielen meist die Hauptrolle

 

·         Tanzbarkeit: größtenteils einfach bis abwechslungsreich

 

 

 

Lucio Demare (09.08.1906 – 06.03.1974)

 

·         Pianist, Orchesterleiter, Komponist, Arrangeur – Evolutionist

 

·         Berufsmusiker seit Mitte der 20er, eigenes Orchester 1938

 

·         Haupt-Stilmerkmal: Dichte – dichter, pulsierender, mitunter packender Sound; dominant die variantenreiche Einteilung des Rhythmus’ mit stetiger Synkopierung (Verschiebung des Taktschlags), dazu schöne  Melodieführung, die aber nie weitschweifig wird; meist recht komplexes Arrangement

 

·         Tanzbarkeit: abwechslungsreich bis anspruchsvoll

 

 

 

zusammengestellt von Henning Adams, Köln

 

Tanzfluss