Tangoetiquette für entspanntes Tanzen und schönen Tanzfluss

Betreten der Tanzfläche

Möglichst das Ende des laufenden Stückes abwarten, besonders bei voller Tanzfläche.

Auch noch möglich: Am Anfang eines Stückes beginnen, wenn die Tanzenden damit

rechnen. Wenn es nicht voll ist, kann man auch mittendrin beginnen.

In diesen Fällen:

  • Rücksichtsvoll einfädeln, nicht ein Paar abdrängen.

  • Sich versichern, dass das linke Paar uns bemerkt hat (Augenkontakt!)

  • Zügig lostanzen, nicht erst langwierig die Umarmung aufbauen.

Bitte nicht in den letzten Takten eines Stückes – so nötig kann es niemand haben!



Tanzen
  Wir tanzen auf Spurengegen den Uhrzeigersinn.

  • Außenspur: fließend; keinen Stau verursachen (Fortgeschrittene)

  • Innenspur(en): langsamere, evtl. auch unsichere Tänzer

  Die gewählte Spur beibehalten.

Vorwärts tanzen. Das heißt, nur der Raum vor uns gehört uns.
Einen gleichmäßigen Abstand zum Vorderpaar einhalten.

Für die andern Paare berechenbar tanzen.


Kein Spurwechsel. Nur in Ausnahmefällen und nur zwischen den Stücken,

wenn z. B. die Außenspur zu voll ist. Dann aber bitte auf der gewählten Spur bleiben.

Nicht überholen! Nur in Ausnahmefällen, wenn z. B. das vordere Paar wegen einer

Panne liegengeblieben ist. Dabei auf die anderen Paare achten.

Kein „Lückentanzen“ links und rechts von uns – Chaos-Alarm!

Nicht zwischen den Spuren tanzen. Das nervt!

Möglichst keine Rückwärtsschritte – Verletzungsgefahr!

Nicht zu dicht auftanzen. Das Vorderpaar sollte noch drehen können.

Keine zu großen Lücken aufreißen lassen. Am Platz tanzen nur dann, wenn’s eh nicht

weiter geht.

Kein Stop-and-go-Tanzen: Stehfigur – Vorwärtsschritte – Stehfigur. Das nervt!

Nicht direkt mit dem ersten Ton des neuen Stückes lostanzen – Hektik-Alarm!

Aber auch nicht zu lange stehen bleiben und quatschen, weil man das in Buenos Aires

ja auch so macht. Hört auf die Musik, achtet auf die anderen Paare – zusammen

lostanzen ist toll!

Bei voller Tanzfläche keine ausladenden Bewegungen: hohe Boleos, Ganchos etc.

 Keine spitzen Ellenbogen! Tanzt im Schatten eurer Umarmung.
 Eine Milonga ist keine Práctica. Tanzt das, was ihr sicher führen könnt.


Nicht-Tanzen (Toilettengang, Holen von Getränken etc.)
 Respektiert die Tanzenden – sie haben Vorfahrt!

 Möglichst nicht an den Tanzenden vorbeilaufen. Wartet das Ende des Stückes ab.

Wenn es sich nicht vermeiden lässt: vorsichtig; möglichst Blickkontakt mit dem

Führenden aufnehmen.

 Nicht quer über die Tanzfläche – Idioten-Alarm!


Tangoetiquette für respektvolles Miteinander


Vor der Milonga


Seife, Deo und Zahncreme sind unsere besten Freunde.

Vorsicht: Zu viel Duftwasser nervt.

Ein frisches Hemd – top!

Stofftaschentücher sind elegante Schweißvertreiber.



Vor dem Tanz

(alle Anmerkungen gelten natürlich umgekehrt auch für Frauen, die auffordern möchten)


1. Die Suche

Findet heraus, wer tanzwillig ist.

Frauen, die tanzen möchten, zeigen dies durch ihre Körpersprache und ggf. den

Aufenthalt in einem Bereich nahe der Tanzfläche, falls es so einen gibt.

 Vorsicht ist geboten, wenn eine Frau sich angeregt unterhält, in Begleitung eines Mannes ist oder die Tanzschuhe ausgezogen hat.


2. a) Aufforderung, korbsicher (Cabeceo)

Der Mann schaut die Frau seiner Wahl bestimmt an. Möchte die Frau mit diesem Mann tanzen, erwidert sie den Blick und hält ihn. Klassischerweise geht nun der Mann zum Platz der Frau, wobei er stetig den Blickkontakt hält. An ihrem Platz angekommen, fordert er sie mit einem höflichen Kopfnicken auf. Die Frau lächelt, steht auf, alles ist perfekt. Sie kann auch schon vorher aufstehen, wenn sie sich sicher ist, dass sie gemeint ist.

Die coole Variante: Blicken, nicken, tanzen.

Möchte die Frau nicht mit diesem Mann tanzen, erwidert sie den Blick nicht. Ist der

Mann ein hartnäckiger Starrer, schaut sie demonstrativ in eine andere Richtung. Ein peinlicher Korb wird aber in jedem Fall vermieden.

 Hat die Frau allerdings, wie oben beschrieben, den Blick erwidert und lässt den Mann heran kommen, um ihn dann bei der eigentlichen Aufforderung abblitzen zu lassen, erhält sie den ewigen Zickenstempel.


2. b) Aufforderung, korbheikel

Der Mann nähert sich der Frau von vorne, ihren Blick suchend, und fragt sie, ob sie tanzen möchte. Sie erkennt seine Absicht bereits in der Annäherung und kann sich darauf einstellen.

Möchte sie nicht tanzen, darf sie natürlich „Nein“ sagen. Davon gibt es drei Arten:

1) Das temporäre „Nein“. Diesem folgt eine Erläuterung, warum sie momentan nicht tanzen will („leider schon verabredet“, „brauche eine Pause“, „das Stück gefällt mir nicht“ o. ä.). Möchte sie mit dem Mann später durchaus tanzen, fügt sie ein „später aber gerne“ an.

2) Das abendlange „Nein“: wie das erste, allerdings ohne die Aussicht auf eine spätere Gelegenheit am Abend.

3) Das ewige „Nein“: Ein einfaches „Nein“ ohne Erklärung. Nicht besonders höflich, aber eine gute Methode zu signalisieren, dass sie mit diesem Mann gar nicht tanzen will. Jedenfalls nicht in den nächsten zwölf Monaten.

Respektiert ein „Nein“ und tragt es wie ein Gentleman, nicht wie eine beleidigte Leberwurst.


2. c) Aufforderung – so nicht!

  Von hinten ansprechen, antippen, anfassen – nie, nie, nie!

  Sich in den Blick zwängen, also einen Blickkontakt erzwingen nach dem Motto „vielleicht hat sie mich ja nicht gesehen“. Oh, doch, sie hat!

  So tun, als erweise man der Frau mit seiner Aufforderung eine unschätzbare Gnade – Arschlochalarm!

  Wenn ihr einen Korb bekommen habt, fragt nicht direkt die nächste, womöglich noch die Frau, die direkt daneben sitzt, nach dem Motto, wenn ich nicht die beste kriege, dann eben die nächstbeste. Unhöflich!

 Frauen: Gebt so einem bitte ebenfalls einen Korb. Oder gefällt es euch, zweite Wahl zu sein?



Auf der Tanzfläche

 

 

 Behandelt eure Partnerin, euren Partner mit Respekt.

 Der Mann hat die Aufgabe, seine Partnerin gut aussehen zu lassen.

 Maßstab ist nicht das, was ihr tanzen könnt, sondern was eure Partnerin folgen kann.

 Umgekehrt sollte eine gut tanzende Frau einen weniger gut tanzenden Mann ebenfalls so gut es geht in Szene setzen.

 Gebt eurer Partnerin, eurem Partner mindestens drei Tänze – außer, es tut weh.

 

 

 Keine Lehrstunde! Zeigt eurer Partnerin nicht, was sie bei dem und dem Schritt falsch macht, wie sie ihre Haltung verbessern soll etc. – Oberlehreralarm!

Silencio! Wenn ihr euch unterhalten wollt, tut es nachher oder kurz zwischen den Stücken. Beim Tanzen nie quatschen! Das nervt!



Nach dem Tanz


Möchte man nicht mehr tanzen, bedankt man sich bei seiner Partnerin, seinem Partner. Am elegantesten gelingt dies am Ende einer Tanda, wenn Cortinas gespielt werden.

In Buenos Aires geleitet der Tanguero seine Tanguera zu ihrem Platz zurück. Das ist in Europa nur selten möglich, da es keine festen Plätze gibt. Aber geht wenigstens gemeinsam von der Tanzfläche.

 

Text von Henning Adams, Köln